Es ist mein liebster Feiertag. Er verkörpert meine Überzeugung, er steht für den Sinn meines Tuns. Der 1.Mai – der internationale Tag der Arbeit. Und ich habe das Gefühl, er ist ein bisschen aus der Mode gekommen. Wie aus der Zeit gefallen. Die Maikundgebungen der Gewerkschaften erleben seit Jahren tendenziell rückläufige Besucherzahlen. Dafür potenzieren sich Frühlingsfeste, Saisoneröffnungen und Grillpartys am Maifeiertag. Bei schönem Wetter lässt ein Blick auf die Straßen den Schluss zu, es handle sich beim 1.Mai und den gesetzlichen Feiertag der Fahrradproduzenten.
Aber so ist es nicht. Zumindest nicht im Angesicht seiner 126jährigen wechselvollen Geschichte. Zum 100. Jahrestag des Sturms auf die Bastille trafen sich am 14. Juli 1889 400 Delegierte sozialistischer Parteien und Gewerkschaften aus zahlreichen Ländern zu einem internationalen Kongress in Paris. Die Versammelten produzierten, wie auf Kongressen auch damals schon üblich, eine Menge bedruckten Papiers, darunter eine Resolution des Franzosen Raymond Felix Lavigne, in der es hieß:
"Es ist für einen bestimmten Zeitpunkt eine große internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, dass gleichzeitig in allen Städten an einem bestimmten Tage die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen (...). In Anbetracht der Tatsache, dass eine solche Kundgebung bereits von dem amerikanischen Arbeiterbund (...) für den 1. Mai 1890 beschlossen worden ist, wird dieser Zeitpunkt als Tag der internationalen Kundgebung angenommen."
Zunächst war keine Rede von einer Wiederholung oder gar einer Institutionalisierung als Feiertag. Es schien aber wie ein stillschweigendes Übereinkommen, dass die Arbeiterbewegungen der meisten Länder davon ausgingen.
So fußt der internationale Tag der Arbeit auf dem geistigen Fundament der französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Für die gnadenlos ausgebeutete Arbeiterschaft des 19.Jahrhunderts waren diese Werte Ziel ihrer gewerkschaftlichen und politischen Anstrengungen. Ein gemeinsamer Tag zur Verkündung der eigenen Meinung. Ein gemeinsamer Tag zum Erleben von Solidarität. Ein gemeinsamer Tag zur Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins gegenüber den Mächtigen aus der Oberklasse, dem Kapital und den Herrschenden.
Irgendwie sind diese Zusammenhänge bei zu Vielen in Vergessenheit und aus dem Blick geraten. Gefühlt schwindet die gesellschaftliche Bereitschaft zur Solidarität. Nicht nur am 1.Mai. National wie international. Europa ist dabei in der solidarischen Aufnahme Geflüchteter an sich selbst zu scheitern. In Deutschland werden seit Jahren Junge gegen Alte in der Rentenfragen in Stellung gebracht. Die Agenda 2010 sorgte hierzulande für eine weitere Polarisierung zwischen Arm und Reich, zwischen Niedrigeinkommen und Dividendenplus, zwischen Steuersparern und Sozialgekürzten. Nun sorgt diese Gemengenlage für ein Erstarken der radikalen Rechte in Europa, in Deutschland. Es ist skurril. Nicht die Solidarität der Geringbezahlten, der Ausgenutzten, der Altersarmen und der Chancenbenachteiligten ist die Folge, sondern die Suche nach Sündenböcken. Und die sind von Rechtsaußen in den Menschen zu finden, die vor Krieg, Unterdrückung und Hunger flüchten.
Doch es gibt auch Hoffnung. Viele Menschen engagieren sich in der Hilfe für Geflüchtete. Die aktuellen Tarifrunden der Gewerkschaften begannen kraftvoll, in vielen Betrieben steigt der Organisationsgrad. Das Thema Altersarmut hat die Politik erreicht. Nun wird es darauf ankommen Gerechtigkeitsfragen laut von links zu stellen. Weil es einen Unterschied macht, ob die Ärmsten der Armen oder die Steuerflüchtlinge, Globalisierungsprofiteure und die Vermögenden für bestehende Ungerechtigkeiten verantwortlich gemacht werden. National wie international. Es ist die Chance für Sozialdemokraten, Sozialisten und Gewerkschaften wieder zusammen zu finden. Getreu dem DGB-Motto für den 1.Mai 2016: Zeit für mehr Solidarität!
Genauer betrachtet hat der internationale Tag der Arbeit also nichts an Aktualität verloren. Das müssen wir uns und der Öffentlichkeit bewusst machen. Darin besteht die große Aufgabe der internationalen Gewerkschaftsbewegung!
Der 1. Mai in Unterfranken:
Mit 10 Kundgebungen ist der DGB in Unterfranken auch 2016 flächendeckend vertreten. Erwartet werden insgesamt zwischen 2.000 und 3.000 Teilnehmende. Hier ist der Veranstaltungsüberblick:
Ort |
Uhrzeit/ Ablauf |
Redner |
Schweinfurt, Georg-Wichtermann-Platz |
Kundgebung mit Maifest, Beginn: 11 Uhr, Maifest bis 17 Uhr |
Jürgen Kerner, IG Metall Hauptkassier Eröffnung und Begrüßung: Frank Firsching, DGB Vorsitzender Schweinfurt |
Würzburg, Unterer Markt |
Beginn: 10:30 Uhr Demonstrationszug vom Hauptbahnhof durch die Würzburger Innenstadt, 11 Uhr Kundgebung am Unteren Markt, Anschluss Bühnenprogramm bis 13 Uhr
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Marlis Tepe, Bundesvorsitzende der GEW Eröffnung und Begrüßung: Karin Dauer, DGB Vorsitzende Würzburg |
Aschaffenburg, Theaterplatz |
Beginn: 10 Uhr Demonstrationszug Linde Werk 1, 11 Uhr Kundgebung Theaterplatz, 12 Uhr Maifest Karlsplatz |
Percy Scheidler, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Aschaffenburg Philipp Przynitza, Vorsitzender der GEW Aschaffenburg Eröffnung und Begrüßung: Rudi Großmann, DGB Vorsitzender Aschaffenburg-Miltenberg |
Bad Kissingen, Hotel Bayerischer Hof |
Beginn: 10 Uhr Kundgebung mit Weißwurstfrühstück
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Marietta Eder, Gewerkschaftssekretärin ver.di Bezirk Schweinfurt Eröffnung und Begrüßung: Gerhard Klamet, DGB Vorsitzender Bad Kissingen |
Maßbach-Poppenlauer, Rathausplatz Poppenlauer |
Beginn: 10 Uhr mit Frühschoppen, 11 Uhr Kundgebung
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Michael Langer, Gewerkschaftssekretär der IG BAU Mainfranken Eröffnung und Begrüßung: Herbert Gessner, DGB Vorsitzender Maßbach-Poppenlauer |
Sand am Main, Hotel und Weingut Goger |
Beginn: 9:30 Uhr Weißwurstfrühstück, 10:30 Uhr Kundgebung |
Silke Klos-Pöllinger, Vorsitzende des DGB Bezirksfrauenausschusses und Gewerkschaftssekretärin der IG BCE im Landesbezirk Bayern Eröffnung und Begrüßung: Anna Schlechter, DGB Vorsitzender Haßberge |
Bad Neustadt, Altes Amtshaus |
Beginn: 10 Uhr Kundgebung mit Weißwurstfrühstück |
Frank Jauch, Gewerkschaftssekretär NGG Region Unterfranken Eröffnung und Begrüßung: Thorsten Raschert, DGB Kreisverband Rhön-Grabfeld |
Kitzingen, Bayernheim |
Beginn: 10 Uhr Demonstrationszug vom Kitzinger Marktplatz zum Bayernheim, 10:30 Uhr Kundgebung im Bayernheim |
Walther Mann, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg Eröffnung und Begrüßung: Sebastian Braun, DGB Vorsitzender Kitzingen |
Lohr, Oberer Marktplatz |
Beginn: 10:30 Uhr Frühschoppen, 11 Uhr Kundgebung |
Dr. Andrea Fehrmann, IG Metall Bezirk Bayern Stefan Kimmel, Gewerkschaftssekretär ver.di Würzburg Madeleine Scheiner, IG Metall Jugend Eröffnung und Begrüßung: Lena Werner, DGB Vorsitzende Main-Spessart |
Wörth am Main, Schifffahrtsmuseum |
Arbeitnehmerempfang Beginn: 22.04.16, 18 Uhr |
Roland Berninger, BR-Vorsitzender ICO-Center Obernburg, IG BCE |